Die Studierendenschaften in NRW fürchten, das Semesterticket zeitnah kündigen zu müssen. Ein Rechtsgutachten zeigt auf, dass durch die Einführung des 49-Euro-Tickets die juristische Grundlage für die bestehenden Ticketverträge gefährdet wird. Sollte das Semesterticket scheitern, wird für ca. 700.000 Studierende Mobilität durch das 49-Euro-Ticket teurer.
Bisher wird das Semesterticket in NRW über das sogenannte Solidarmodell von allen Studierenden gleichermaßen finanziert. Dadurch wird günstige Mobilität für alle Studierenden ermöglicht, unabhängig davon, wie stark sie den ÖPNV nutzen. Der Preis lag bisher deutlich unter dem eines gleichwertigen normalen Tickets. Das Semesterticket konnte juristisch Bestand haben, da der bisherige Preisvorteil von über 80 % für die Studierenden die finanzielle Belastung Einzelner ausglich. Nun ist dieser Umstand durch die Neuordnung des Tarifsystems gefährdet, da der Abstand der bestehenden Semestertickets zum 49-Euro-Ticket sehr gering ist. Deswegen befürchten die Studierendenschaften in NRW Klagen gegen das Semesterticket.
„Als AStA sind wir Vertragspartner für das Semesterticket. Sollte eine Klage gegen das Ticket Erfolg haben, stehen wir vor einer Katastrophe. Nicht nur würde Mobilität für uns Studierende teurer werden, sondern auch wir als Studierendenvertretung würden vor nicht zu bewältigenden Herausforderungen stehen. Bei den Millionenbeiträgen, die alleine wir an der TU Dortmund zurückerstatten müssten, würde eine Zahlungs- und Handlungsunfähigkeit drohen. Ohne eine zeitnahe, rechtssichere Lösung wird uns nichts anderes übrig bleiben als die Kündigung der Verträge. Ein juristisches Scheitern des Semestertickets ist ein Schreckensszenario, das unbedingt verhindert werden muss“, so David Wiegmann, Vorsitzender des AStA der TU Dortmund.
Nicht nur in Dortmund steht man vor dieser dramatischen Entscheidung. Amanda Steinmaus, Koordinatorin des Landes-ASten-Treffens NRW, erklärt: „In ganz NRW steht die Zukunft des Semestertickets infrage. Dabei ist es entscheidend, Studierenden günstige Mobilität zu ermöglichen. Dreißig Prozent aller Studierenden und sogar achtzig Prozent der alleinlebenden Studierenden sind arm. Sie sind daher auf das Semesterticket angewiesen. Sollte es also wegfallen, stehen sie vor großen Problemen. Ebenfalls wichtig ist das Ticket für die Verkehrsbetriebe, die damit in NRW einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag einnehmen. Dabei handelt es sich um Zahlungen, die verlässlich jeden Monat eingehen.“
Das Gutachten, verfasst von den Rechtsanwälten Wilhelm Achelpöhler und Julius Altmiks, eröffnet dem Semesterticket aber auch eine Zukunftsperspektive. Wenn Preis und Gesamtkonditionen des Tickets in Verhandlungen angepasst werden würden und so in einem günstigeren Verhältnis zum 49-Euro-Ticket stünden, würde das das Semesterticket rechtlich stützen. Wenn Verkehrsverbünde und Landesregierung den Preis des NRW-Semestertickets senken und die Einführung eines bundesweit gültigen Semestertickets beschleunigen, wäre eine Weiterführung des solidarisch finanzierten Semestertickets rechtlich möglich. Das Landes-ASten-Treffen NRW fordert daher ein bundesweit gültiges Semesterticket für 129 Euro. Eine Petition, die die schnelle Umsetzung dieses Modells fordert, haben bereits 30.000 Menschen unterzeichnet.
Den Link zur Petition findet ihr hier.