Angesichts der aktuellen Situation und den Entwicklungen rund um die Corona-Pandemie, ist auch der Hochschulalltag unterbrochen bzw. sind auch im Bildungsbereich weitreichende Einschränkungen zu erkennen. Von Seiten des Landes und des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft gibt es grobe Regelungen und Anregungen, die alle Hochschulen und Universitäten umsetzen sollen. In der Stellungnahme vom 7.4. heißt es, das Semester soll als sogenanntes „Online-Semester“ voraussichtlich am 20.4. 20 starten und dass sowohl Dozierende als auch Studierende sehr motiviert seien, sich dieser Herausforderung zu stellen. Was fehlt sind jedoch klare Vorschläge, die allen Mitgliedern der Hochschulen helfen mit dieser Ausnahmesituation umzugehen. Stattdessen sind die Pressemitteilungen sowohl von Landesebene als auch von Uni Ebene sehr vage gehalten und beinhalten wenig konkrete Vorschläge.
Als positiv erachten wir die Aussage der Kultusministerkonferenz, in der es um die Absicherungen von Studierenden geht: „Studentinnen und Studenten, die keine oder nicht alle vorgesehenen Leistungen aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie und dem damit eingeschränkten Lehrangebot erbringen können, sollen grundsätzlich keine Nachteile hinsichtlich Regelungen, welche zum Beispiel die Regelstudienzeiten aufgreifen, erfahren. Die Länder werden sich beim Bund dafür einsetzen, dass beispielsweise beim BAföG, dem Kindergeld oder der Krankenversicherung flexible Regelungen gefunden werden, die den Lebenswirklichkeiten der Studentinnen und Studenten in Zeiten der Covid-19-Pandemie gerecht werden.“
An der Uni Bielefeld erkennen wir, genau wie einige Fachschaften, im Umgang mit der aktuellen Lage einige Probleme, welchen sich die Hochschulleitung noch nicht angenommen hat, bzw. zu wenig Beachtung finden. So fehlt es an vielen Stellen an technischer Infrastruktur, welche digitale Lehre unmöglich macht oder machen kann. Hinzu kommt, dass viele Dozierende noch nicht auf digitale Lehre umgestiegen sind oder auch selbst Probleme damit haben. Viele Studierende erreichen ihre Dozierenden nicht mehr oder nur sehr schlecht, was die Unsicherheiten bei ihnen nur noch größer werden lässt. Ohne einen Austausch mit den Dozierenden direkt oder ohne Aussagen der Fakultäten/ des Rektorats hängen wir Studis quasi in der Luft.
Die Lehre soll digital stattfinden und allen die Möglichkeit geben, so trotzdem an den Veranstaltungen teilzunehmen und wie gewohnt Leistungen zu erbringen. Für alle die, die ein sicheres Zuhause, einen Computer, eine gute Internetverbindung und genügend Ressourcen
haben, ist dies möglich und teilweise sogar ohne große Probleme machbar. Daneben stehen aber all die anderen Menschen, die von der Pandemie stärker betroffen sind, weil sie: Angehörige pflegen, Kinder betreuen, in unsicheren Wohnverhältnissen leben, keinen Zugang zu einem internetfähigen (eigenen) Computer haben und ihnen somit Home-Office nicht möglich ist, sie jetzt anderweitig ihren Lebensunterhalt stemmen müssen und weniger Zeitressourcen haben für das Studium oder vieles weitere. All diesen Menschen wird es gerade sehr erschwert, das Studium fortzuführen. Wir sehen die Hochschulen in der Pflicht, allen Studierenden das studieren zu ermöglichen und sie in einer Krisensituation wie dieser zu unterstützen.
Auf der Homepage der Uni Bielefeld heißt es beispielsweise: „Sollte die Bearbeitung einer Abschlussarbeit aufgrund der Beachtung von Corona Maßnahmen objektiv unmöglich sein …“ können Fristen ausgesetzt werden. Diese objektive Unmöglichkeit bezieht sich dabei lediglich auf einen Nicht-Zugang zu Räumen, Kinderbetreuung wird daneben als Erschwerung betrachtet. (http://ekvv.uni-bielefeld.de/wiki/en/Coronavirus_-_Leistungen_f%C3%BCr_das_Studium) Was eine objektive Unmöglichkeit ist und was nicht, entscheidet unserer Ansicht nach allerdings nicht die Uni oder die Betreuer*in der Arbeit. Es gibt enorm viele Gründe, die gerade auftauchen und die von der Uni nicht als relevant gesehen werden, die aber Beachtung und Berücksichtigung verdienen! Ein weiteres Beispiel ist die Aufforderung an Dozierende Kulanz zu zeigen, wenn es um Fristen geht. Auf der Uni Homepage steht: „Elektronische Erbringung erfolgt nur im allseitigen Einvernehmen – auch der Studierenden.“ Aber was passiert, wenn die dozierende Person nicht zustimmt? Unter anderem aus diesen Gründen fordern wir die Unileitung zu folgenden Maßnahmen auf:
- Schaffen Sie einheitliche Regelungen. Dozierende sollten nicht individuell entscheiden können, wie und innerhalb welcher Frist Prüfungsleistungen abgegeben werden müssen. Dozierende, wie Studierende benötigen in diesen Zeiten klare Verbindlichkeiten, nach denen sie sich richten können. Ansonsten entstehen für viele Studierende enorme Nachteile. Zu diesen Regelungen zählt das Aussetzen von Fristen, sowie klare Möglichkeiten wie Leistungen erbracht werden können. Es ist unserer Meinung nach die Aufgabe der Uni-Leitung diese festzulegen.
- Einführung eines Nicht-Semesters. Es wird an vielen Stellen debattiert, ob dieses Sommersemester als Nicht-Semester ablaufen soll, dies begrüßen wir sehr. Es wäre eine Möglichkeit für die Universität die Lehrangebote dort wo es möglich ist digital stattfinden zu lassen, ohne dass Studierenden, welche anderweitige Verpflichtungen haben, erwerbstätig sind, oder visums- und aufenthaltsrechtliche Auflagen haben ein Nachteil entsteht. Wir brauchen eine Aussetzung der Regelstudienzeit! Wie es in dieser Petition gefordert wird: https://www.nichtsemester.de/cbxpetition/offener-brief/
- Finanzielle Soforthilfe für alle Studierende in Not – jetzt! Viele Studierende arbeiten neben dem Studium in der Gastronomie, dem Einzelhandel oder anderen beruflichen Richtungen, die nicht „systemrelevant“ sind und werden seit den Schließungen nicht mehr bezahlt. Wir fordern die Uni-Leitung auf, finanzielle Unterstützungen einzurichten. Studierende sollten nicht aus finanzieller Not heraus ihr Studium nicht beenden können!
- Schaffen Sie sichere Alternativen für die Online-Lehre. Plattformen wie Zoom weisen erhebliche Sicherheitslücken auf, denen sich die Mitglieder der Uni nicht aussetzen sollten.
Es darf nicht in Vergessenheit geraten, dass viele Mitglieder der Uni (insbesondere Studierende) von der Pandemie stark betroffen sind und sie aktuell große Existenzängste haben. Eine wenig konkrete Handhabung seitens der Uni erschwert ihnen die Situation zusätzlich. Den Studis soll es ermöglicht werden, weniger Leistungen zu erbringen ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen.