Veranstaltungsreihe „Intersektionale Handlungsstrategien gegen Diskriminierung und Gewalt abseits von Staat und Polizei“

Staat und Polizei folgen einer differenziellen Logik, die Sicherheit für einige Menschen suggeriert, indem andere Menschen kriminalisiert werden. Was tatsächlich geschützt wird, ist die staatliche Ordnung selbst, die Besitzverhältnisse und die damit eng verwobenen kolonialistischen, patriarchalen und kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse. Auf diese Weise ist es nicht verwunderlich, dass staatliche Justizsysteme Rechtsverletzungen nicht als zwischenmenschliche Verletzung betrachten sondern als Verletzung des Rechts selbst. Betroffene von Gewalt werden so nicht geschützt, es ist in den allermeisten Fällen irrelevant, was diese sich wünschen und eine Bearbeitung der Verletzung der betroffenen Person(en) findet über das Ende des Gerichtsprozesses hinaus fast gar nicht statt. Diese Verhältnisse lassen Betroffene nicht nur ohnmächtig zurück, sie setzen die Gewalt auch fort. Diese Fortsetzung der Gewalt findet vor allem auch in kriminalisierten Communities statt, wenn die Polizei handelt. Beispiele hierfür reichen von der Umsetzung der Grenzpolitik durch die Bundespolizei und Racial Profiling über die Überwachung und Reglementierung von Sexarbeit oder Deadnaming und andere Gewalt gegen trans* Personen durch den Staat bis hin zum Nichtverurteilen Verantwortlicher bei Fällen sexualisierte Gewalt, wie es im Evangelischen Klinikum Bethel hier in Bielefeld letztes Jahr stattgefunden hat. Sichtbar wird, inwiefern strukturelle Gewalt zwischenmenschliche Gewalt hervorbringt. Außerdem wird sichtbar, wie wichtig die Organisation in Communities ist, die Verantwortungsübernahme in Freund*innenkreisen und Umfeldern und die Etablierung anderer Bearbeitungen von zwischenmenschlicher Gewalt. Bearbeitungen zwischenmenschlicher Gewalt, die nicht mehr Gewalt hervorbringen, benötigen deshalb eine intersektionale Perspektive und damit auch eine Kritik bestehender Gewaltverhältnisse.
Diese Veranstaltungsreihe „Intersektionale Handlungsstrategien gegen Diskriminierung und Gewalt abseits von Staat und Polizei“ will noch einmal explizit an die Spannervorrichtungen auf den Universitätstoiletten vor zwei Jahren anknüpfen. Damals hat die Universität zu spät und bis heute unzureichend informiert. Wegen des Beginns der Pandemie ist ein gesellschaftlicher Aufschrei ausgeblieben. Verändert hat sich seitdem nicht viel.
In der Veranstaltungsreihe werden wir uns anschauen, was für eine Bedeutung Strafe in unserer christlich-dominanten Gesellschaft einnimmt und wen Gefängnisse eigentlich einsperren. Weiterhin wollen wir uns mit Polizeigewalt beschäftigen und wen oder was diese Polizei eigentlich schützt. Weiterhin werden wir betrachten, wie wir uns gegenseitig schützen und unterstützen können, wenn wir Gewalt ausgesetzt sind. Auch werden wir uns mit Konzepten beschäftigen, die Alternativen zu staatlicher Gewalt bilden und die an vielen Stellen in unserer Gesellschaft bereits existieren; nämlich überall dort, wo Menschen gemeinsam, fürsorglich und solidarisch auf die Gewalt reagieren, die passiert.
Coronabedingt ist es eine Voraussetzung für die Teilnahme, dass Menschen sich schnelltesten, bevor sie in die Veranstaltungen kommen. Bitte meldet euch außerdem vorher an. Das könnt ihr über die folgende Mailadresse machen: politische-bildung@asta-bielefeld.deDie Veranstaltungen sind in ihrer Teilnehmer*innenzahl begrenzt.Zu den Workshops sind – abgesehen von dem Selbstbehauptungsworkshop für FLINTA+ Menschen – alle eingeladen.Sie finden in deutscher Lautsprache statt.Die Wege zu den Räumen sind barrierearm. Tatsächlich sind die Nummerierungen und Wege aber schwer nachvollziehbar. Sagt gern Bescheid, wenn ihr irgendwo abgeholt werden wollt.Bei dem Workshop zu Betroffenenunterstützung und Betroffenselbstorganisation wird ein Awarenessteam während und nach dem Workshop für euch ansprechbar sein. Das Awarenessteam wird vom Cafe´ Anaconda gestellt.

Veranstaltungen:

Einsperren, verwalten, abschrecken – Die Funktion der Knäste und Utopienjenseits davon 07.06. von 18-21 Uhr – ignite! Kollektiv
Stell dir vor dir würde von einem Tag auf den nächsten die Kontrolleüber dein Leben genommen werden. Viele Entscheidungen, beispielsweisewann du isst, wann du schläfst, wann du andere Menschen treffen kannst –und welche anderen Menschen –, ob und welche Bücher du lesen darfstwürden von anderen Menschen für dich getroffen. Stell dir vor, duwürdest gezwungen werden, für einen Tageslohn von rund 8 Euro zuarbeiten und irgendwer würde dich trotzdem zwingen, einen Teil diesesGeldes zu sparen.“ (kaos muc)Das Gefängnis ist eine zentrale Institution des Justizsystems, es wirktdabei nicht nur auf Gefangene ein, sondern auf uns alle. Die Drohungeingesperrt zu werden, lässt uns zweimal nachdenken, bevor wir unsnehmen, was wir zum Leben brauchen, bevor wir die Regeln derHerrschenden überschreiten. Denn Knäste sind einer der krassestenAusdrucksformen des repressiven Herrschaftsapparates. Sie sichernEigentum, Ausbeutung und Unterdrückung.Daher ist es nur logisch, dass ein Großteil der Eingesperrten wegen„Eigentumsdelikten“ im Gefängnis sitzen. Wegen Vorwürfen wie Diebstahloder ohne Ticket fahren. Ohne ausreichenden Zugang zu für sie notwendigematerielle Güter und Dienstleistungen, werden sie für den Versuch, sichdiese anzueignen, hinter Gitter gebracht. Mehr als ein Drittel derEingesperrten sitzen in Deutschland, da sie eine Geldstrafe nichtbezahlen konnten. Somit ist die Ersatzfreiheitsstrafe eine derkrassesten Ausdrücke der Bestrafung fürs arm sein. Währenddessenverdient eine ganze Industrie rund um Gefängnisse prächtig daran. Vonüberteuerten Dienstleistungen wie Telefonieren im Knast zu Knastarbeitfür Löhne, die eigentlich nur ein Hohn sind. Die gesamtgesellschaftlicheKonditionierung wird uns dabei als Notwendigkeit dargestellt. Nur sokönnte Chaos vermieden werden. Das Argument der Knast wäre nötig umGewalt zu verhindern, ist allerdings mehr als fraglich. Selbst dasJustizministerium kam in einer Studie zu der Schlussfolgerung, dassHaftstrafen gegenüber nicht einsperrenden Strafen, dieWahrscheinlichkeit eine Gewalttat wieder zu begehen eigentlich erhöhen.Nicht wirklich erstaunlich, dass ein so gewaltvolles System wieGefängnisse, Gewalt eher fördern. Warum also ist ein System, dass diegewaltvollen Zustände in unserer Gesellschaft eher verschlimmert eine sozentrale und scheinbar unabdingbare Institution?Darüber wollen wir mit euch diskutieren und uns fragen, warum gibt esKnäste, was ist deren Funktion? Wie hängen soziale Konditionierung,staatlicher Machterhalt und die Idee des Einsperrens zusammen? Und wassind unsere Utopien einer freieren Gesellschaft?
zu ignite: ignite! ist ein horizontal organisiertes Kollektiv, das zu feministischen und  herrschaftsfeindlichen Themen Workshops gibt, schreibt und handelt. Wir haben das ignite! Workshopkollektiv Anfang 2019 gegründet und  begann mit einem Einführungsworkshop zu Feminismen und Gender. Seit dem  ist viel passiert und wir bieten nun Workshops zu verschiedensten  politischen Themen an und haben Workshops an verschiedensten Orten im  deutschsprachigen Raum gegeben. Zudem haben wir einige Texte geschrieben  und an weiteren mitgewirkt.Wir wollen als ignite! emanzipatorische Ideen teilen, vermitteln und  mit euch weiter entwickeln. 

„Abolish the Police!“ – Warum und was stattdessen? – Copwatch Leipzig – findet online statt am 15.06. um 18 Uhr

Wir von Copwatch Leipzig wollen die Polizei, wie wir sie kennen, abschaffen und durch andere Mechanismen zur Herstellung von Sicherheit” und “Gerechtigkeit” ersetzen. Die Forderung “Abolish The Police!” ist keine einfache Reform, die sich ohne gesellschaftliche Veränderungen vollziehen kann. Wir wollen die aktuellen Aufgaben und Ressourcen der Polizei analysieren. Was bliebe überhaupt noch an Aufgaben übrig, würde man die meiste “Kriminalität” als Ausdruck sozialer Probleme begreifen und an ihren Ursachen ansetzen?
zu Copwatch Leipzig:Wir sind eine linksradikale Gruppe von Aktivist*innen aus Leipzig.Unsere Themenschwerpunkte sind unter anderem autoritäre Entwicklungen, staatliche Diskriminierung insbesondere racial profiling, Polizeigewalt, Rechte Strukturen im Sicherheitsapparat, Polizeiarbeit/-skandale, Protest Policing, soziale Sicherheit, Transformative Justice, Community Organizing, Alternativen zur Polizei und Waffenverbotszone.Wir knüpfen dabei an ein internationales Netzwerk von Copwatch Gruppen an. Die erste gab es 1990 in Berkeley, USA.

  
Community Building mit Fokus  auf Sexarbeit – Gemeinsam gegen das Stigma – 17. Juni um 18-20 Uhr – hydra e.V.

In diesem Workshop wollen wir uns damit beschäftigen, wie politische  Bewegungen und Community Building aussehen kann, die Sexarbeiter*innen  und ihre Lebenserfahrung mit einschließen. Der Bereich der Sexarbeit  ist sehr divers und auch hier gibt es Hierarchien, die bedacht werden  müssen. Wir werden uns mit den strukturellen Hürden beschäftigen,  denen Sexarbeiter*innen ausgesetzt sind und auch verschiedene Prozesse  des Community Building innerhalb der Sexarbeit anschauen, basierend  auf der Erfahrung des Hydra Café in Berlin. 
zu hydra e.V.:Bei Hydra arbeiten und engagieren sich vielfältige Menschen – manche  sind oder waren selbst in der Sexarbeit tätig, manche sind  Sozialarbeiterinnen oder Beraterinnen, manche unterstützen unsere Arbeit  nur manchmal oder finanziell und manche arbeiten hauptberuflich in unseren Projekten: in der Beratungsstelle oder im HydraCafe.Zusammen setzen wir uns seit 1980 für die rechtliche und soziale Gleichstellung  von Sexarbeiter*innen mit anderen Erwerbstätigen ein, engagieren uns für  die Verbesserung der Lebensbedingungen von Prostituierten und kämpfen  gegen ihre Diskriminierung und gesellschaftliche Stigmatisierung.
Der grüne Schlangen-Highheel ist als Symbol von HYDRA e.V. weit über  Berlin hinaus bekannt. Der Verein HYDRA e. V. wurde 1980 als erste  autonome Hurenorganisation Deutschlands in Berlin von sozial engagierten  Frauen aus unterschiedlichen Berufssparten, u.a. der Prostitution,  gegründet. Der Kampf gegen das Hurenstigma – die gesellschaftliche  Doppelmoral im Umgang mit Prostituierten – und gegen die Rechtlosigkeit  von Prostituierten als Erwerbstätigen war überfällig. Die  HYDRA-Gründerinnen sahen sich mit diesen Anliegen einerseits im Kontext  der damaligen Frauenbewegung und knüpften andererseits an die  französische Hurenbewegung an, die 1975 mit einem Prostituiertenstreik  in Lyon auf sich aufmerksam gemacht hatte. An diesen Streik erinnert  alljährlich der „Internationale Hurentag“ am 2. Juni.


Betroffenensupport und Betroffenenselbstorganisation bei sexualisierter Gewalt – 21.06. von 16-19Uhr – Gegen_Gewalt

Sexualisierte Gewalt führt in den meisten Fällen zu massiver Ohnmacht, Überforderung, Frust und Hilflosigkeit – für betroffene Personen und ihre Umfelder. Einen Umgang mit derartigen Situationen haben die wenigsten gelernt. Wir wollen im Workshop erste Impulse   geben, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen und hilfreiche Unterstützung anbieten können. Wir ergründen, welche sozialen Dynamiken als Antwort auf sexualisierte Gewalt entstehen (Victim Blaming, Täterschutz etc.) und wie diese mit den psychosozialen Folgen der betroffenen Personen verschränkt sind. Gemeinsam suchen wir nach Ansatzpunkten, wie wir einerseits hilfreich unterstützen können und andererseits Dynamiken von „Rape Culture“ entgegen wirken. Abschließend diskutieren wir, wie wir mit der Tatsache umgehen, dass es meist betroffene Personen sind, die andere betroffene Personen unterstützen, die Auseinandersetzung in Umfeldern anstoßen und den Aufbau von Strukturen vorantreiben. 
Awarenessnotes: Über sexualisierte Gewalt sprechen und davon zu hören kann belastend und aufwühlend sein. Wir werden in dem Workshop keine  expliziten Gewaltschilderungen besprechen. Wir wünschen uns einen Raum, der sensibel genug ist, dass eine Teilnahme nicht nur „auszuhalten“ sondern wirklich möglich ist – und im besten Fall bestärkend für betroffene Personen. Daneben sind Awareness-Ansprechpersonen während und nach der Veranstaltung bei belastenden Situationen für euch da.    
zu Gegen_Gewalt:Gegen_Gewalt ist ein Bildungs- und Beratungskollektiv aus Würzburg, das rund um den Themenkomplex „kollektive und emanzipatorische Umgänge mit sexualisierter Gewalt“ arbeitet. Neben Bildungsarbeit und Prozessbegleitungen hat Gegen_Gewalt die Broschüre „Wi(e)derstand nach dem Fall – Impulse für einen kollektiven Umgang mit sexualisierter Gewalt“ veröffentlicht. Die Referent*innen vom Workshop sind /weiß/, queer und nicht         be_hindert positioniert.  

– Einführung in die Transformative Gerechtigkeit – 07.07. von 16 bis 19 Uhr – Antisexistischer Support Bielefeld

Ankündigungstext:In  diesem Workshop wollen wir uns gemeinsam mit euch die Konzepte  transformativer Gerechtigkeit und kollektiver Verantwortungsübernahme  näher anschauen. Die Konzepte gehen zurück auf Schwarze, indigene und  queere Communities in den USA.Wir wollen uns im Workshop mit folgenden Fragen auseinandersetzen:    Wofür gibt es eigentlich Strafe?     Was verstehen wir unter Gewalt?    Was hat zwischenmenschliche Gewalt mit institutioneller Gewalt zu tun?    Wie können wir zwischenmenschlicher Gewalt begegnen?    Wo gibt es Beispiele kollektiver Verantwortungsübernahme? zum ASBi:     Der Antisexistische Support Bielefeld ist eine selbstorganisierte Gruppe. Wir setze uns mit dem Themenkomplex Beziehungsgewalt und zwischenmenschlicher Gewalt und wie kollektive Umgänge damit aussehen können auseinandersetzt. Im Moment arbieten wir mit einem Schwerpunkt auf sexualisierter Gewalt und sexistischer Diskriminierung.           Grundlage für unsere Arbeit bilden Ideen kollektiver  Verantwortungsübernahme und transformativer Gerechtigkeit. Diese  Konzepte wurden von Schwarzen, queeren Communities und von queeren  Communities of Color in den 1990er Jahren in den USA entwickelt und  bauen auf restaurative Gerechtigkeitskonzepte indigener Menschen in  Lateinamerika auf. Transformative Gerechtigkeit verbindet kollektive  Umgänge mit zwischenmenschlicher Gewalt mit einer Analyse und Kritik  kolonialer und kapitalistischer Verhältnisse.          Die Referent*innen sind weiß positioniert und verstehen sich als Teil der queeren Community.


Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für FLINTA – 09.07. 10 bis 18 Uhr im Mädchen*treff – Hanna und Andrea

Kennst du das auch? Nervige Sprüche, ungewolltes Angefasst-werden oderdas Gefühl, jemand starrt dich an…Und dann: nicht wissen, was du tun kannst; Schwierigkeiten NEIN zu sagen.Vermeintlich „normale“ sexistische Übergriffe und Diskriminierungen aufder Straße, im Uniseminar genauso wie in Liebesbeziehung oderFreund_innenschaft, gehören zum Lebensalltag von Frauen* und trans*Menschen.
Im Rahmen des Workshops setzen wir uns mit körperlichen und verbalenGrenzüberschreitungen auseinandersetzen. Zum einen geht es die Wahrnehmung fürsexistische und trans*feindliche Grenzüberschreitungen zu schärfen und zum anderenverschiedene Umgangsweisen auszuprobieren, um so unsere Handlungs- undVerhaltensmöglichkeiten zu erweitern.
Die Inhalte des Workshops bauen auf dem feministischenSelbstbehauptungskonzept Wendo* auf, welches in den 70er und 80er Jahrenim Kontext feministischer Bewegung entstanden ist und weiterentwickeltwurde.
über Hanna und Andrea:Der Workshop wird geleitet von zwei Andrea und Hanna. Wir sind Selbstbehauptungstrainerinnen & in der feministischen/lesbisch-queeren Mädchen*arbeit aktiv. Wir sind lesbisch, bi & cis. Andrea ist of Color und mit Migrationsgeschichte und Hanna weiß positioniert. Und natürlich noch vieles mehr. Wir freuen uns.